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Rätselammer in der Sander Mainaue

Am 06. Januar konnte ich eine relativ schlichte Ammer beobachten, die ich zunächst als vorjährige Goldammer abgetan hatte.

Jetzt zu Hause mit Bestimmungsliteratur und Internet muss ich diese vorschnelle Identifikation wieder zurückstellen. Die fahle Ammer könnte ein Fichten-x-Goldammer Hybrid sein, dafür spricht die phänotypische Ähnlichkeit zur Fichtenammer. Warum ich den Vogel trotzdem als Hybrid einordne, das sollen diese etwas längeren Ausführungen zeigen.

 

Zur kurzen Information: Bei der Fichtenammer handelt es sich um eine extreme Seltenheit in Deutschland, sie ist eigentlich ein asiatischer Brutvogel (ostwärts des Urals) und ersetzt die uns wohlbekannte und nah verwandte Goldammer in diesem Bereich. In Westsibirien überlappen sich die Verbreitungsgebiete beider Arten großflächig und aufgrund der nahen Verwandschaft treten zahlreiche Hybride auf, die gemischte Kennzeichen in unterschiedlicher Ausprägung aufweisen. Interessanterweise kommt die Fichtenammer in geringer Individuenzahl als Wintergast nach Norditalien.

 

Allgemeine Erscheinung des Vogels: Aufmerksam wurde ich durch den auffallend anderen Ruf (leider keine Tonaufnahmen), der relativ melancholisch klang und leicht in der Tonhöhe abfiel. Auf einem nahe gelegenen Strauch konnte schnell unter zwei Goldammern eine eher schlichte und unäuffällige Ammer beobachtet werden. Oberseite und Kopf erschienen gräulich, die Brust rötlich und der Bauch weiß. Kurz darauf tauchte sie in das Innere des Strauchs zusammen mit den Goldammern ab, konnte jedoch wieder gefunden und genauer beobachtet werden. (Die Zeichnung am Ende des Berichts wirkt sehr kontrastreich, jedoch sollte man bedenken, dass der Vogel draußen bei mehr oder minder guten Lichtbedingungen beobachtet wurde und die Zeichnung eingescannt wurde.)

Genauere Beschreibung:

Unterseite:

  • Graue, feine Strichelung setzt direkt an der Kehle an
  • Diese geht im Brustbereich zu einem rötlichen Band über
  • Die Flanke ist bräunlich überhaucht
  • An den Flanken wird die Strichelung länger, deutlicher und dunkler (dunkles rotbraun)
  • Bauch und Unterschwanzdecken weiß

Kopfbereich:

  • Im Kontrast zum Grau stehen der jeweils klar abgegrenzte reinweiße Bartstreif und Kehlbereich
  • Diese sind durch einen ebenfalls klaren, aber dunklen Kinnstreif getrennt
  • Der Bartstreif wird oben zusätzlich von einem dunklen Wangenstreif abgegrenzt (ammertypische Musterung der Ohrdecken entsteht)
  • Die Kopffärbung allgemein ist von graubrauner Färbung (Ohrdecken und Zügel)
  • Schnabel ähnlich Goldammer, zweifarbig (oben dunkel- unten hellgrau)
  • weißer Augenring
  • Der Überaugenstreif ist schmutzig gefärbt, enthält leichte Gelbtöne, und kontrastiert mit den dunklen Augenstreif und Seitenscheitelstreif
  • Der Scheitel wirkt weißlich bis gräulich und steht in hartem Kontrast zu den beiden Seitenscheitelstreifen
  • Nacken und Hals sind kalt grau gefärbt (-> Musterung zwar nicht erkennbar, kann aber trotzdem vorhanden gewesen sein)

Rücken und Flügelgefieder:

  • Der Rücken war noch ein wenig kälter gefärbt (subjektive Meinung)
  • Prominente dunkle Längsstreifen kontrastieren mit hellgrauen Rücken
  • Bürzel ist rötlich gefärbt, wirkte aber im gesamten blasser als bei den Goldammern
  • graue kleine Armdecken
  • rostfarbenen Schultefedern mit schwarzem Zentrum
  • Mittlere Armdecken dunkel
  • Große Armdecken im Zentrum dunkel mit rötlichem Rand
  • Handschwingen konnten nicht genau erkannt werden, ebenso wenig wie die Schwanzoberseite

Ausschließung ähnlicher Arten:

Rohrammer: Diese schließt aufgrund des Bürzel (müsste grau sein) und der im Vergleich kontrastarmen Gesichtszeichnung aus.

Zaunammer: Ohnehin schon unwahrscheinlich, wiederum passst der Bürzel nicht, außerdem ist der Vogel im gesamten zu kalt gefärbt und die Strichelung zu diffus.

Goldammer: Eine typische Goldammer der Nominatform ist der Vogel sicherlich nicht. Denn immerhin fehlen dem Vogel sämtliche Gelbanteile auf der Unterseite und das Gefieder ist im Rückenbereich sehr kalt gefärbt. Außerdem sind Kehle, Kinn- und Bartstreif klar abgegrenzt und fielen sofort auf. Insgesamt wirkt eine Goldammer für mich im Gesicht weniger auffällig aufgrund der geringeren Kontraste. Trotzdem bin ich mir bei der Ausschließung der Goldammer nicht wirklich sicher.

Eine reine Fichtenammer ist ferner auszuschließen, da jegliches Gelb im Gefieder eine reine Fichtenammer ausschließt. Außerdem könnte der Zeichnung im Gesicht kontrastreicher sein.

 

Daher meine ich, dass es sich wohl um einen Hybriden gehandelt haben könnte. Letzliche Sicherheit kann ich nicht haben, da ich kein Fachmann in dieser Thematik bin und die östliche Unterart der Goldammer (E. citrinella erythrogenys) der Fichtenammer verblüffend ähnlich sieht. Kommentare sind erwünscht.

nachbearbeitete Feldskizze
nachbearbeitete Feldskizze

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